Angenehm undidaktisch regt das Theaterlabor mit seiner Inszenierung von Roland Schimmel-pfennigs „Der goldene Drache“ zum Nachdenken an. Das Stück, das im vergangenen Jahr den angesehenen Mülheimer Dramatikerpreis verliehen bekam, zeigt die Schicksale „illegaler“ Menschen am Beispiel der Küchenmannschaft des Asia-Fastfood-Glutanesen um die Ecke. Zu fünft wird auf engstem Raum geschuftet, Zahnschmerzen werden schnell zur existenziellen Bedrohung, und die Träume von Freiheit enden in körperlicher Ausbeutung. Die zu Beginn noch hoffnungs- und humorvolle Stimmung des Stücks rutscht langsam, aber unerbittlich ins Drama-tische, ein von den Darstellern einfühlsam um-gesetzter Wandel von der leichten Muse zum schweren Tobak. Überhaupt kann sich Max Augenfeld in seiner Inszenierung ganz auf das Ensemble verlassen: Rund zwanzig verschiedene große und kleine Rollen werden von den fünf Schauspielern mit viel Spielfreude, gutem Timing und oft verblüffender Wandlungsfähigkeit überzeugend in Szene gesetzt. Der Spannungsbogen hat keine Dellen, man folgt dem knapp anderthalbstündigen Stück dank des hohen Tempos, der schönen Regieeinfälle und der dramatischen Entwicklung gebannt bis zum
Schluss. Auch das symbolisch ausdrucksvolle, reduzierte Bühnenbild und die sparsame Requisite tragen ihren Teil dazu bei: Die Bilder entstehen im eigenen Kopf und hinterlassen so auch nach dem Ende der mit viel Applaus bedachten Vorstellung ihre Spuren.
Text: Tilmann Schneider
Letzte Reise in das Jahr 1781
Viele Hessenpark-Besucher kennen sie schon, die altmodisch gekleideten Menschen, die im fiktiven Dörfchen "Nirgendwo" im Taunus wohnen und die Besucher mit auf eine Zeitreise nehmen. Das taten sie auch am Samstag von 18 bis 23 Uhr wieder: Zum letzten Mal in dieser Saison trat das rund 20-köpfige Museumstheater auf, diesmal unter dem Titel "Im Dunkeln".
In der kühlen Herbstnacht geschehen seltsame Dinge in dem kleinen Dörfchen. Der Nachtwächter soll eigentlich für Ruhe und Ordnung sorgen, muss sich aber mit der abergläubischen Dorfbevölkerung herumplagen. Alles dreht sich um die Furcht vor Untoten. Allen voran befürchtet Philipp Theodor Leonhard, der Schultheiß des Dorfes, sein Vater liege zwar im
Grab, sei aber nicht tot. Mario Krichbaum überzeugte in der Rolle als wirrer Schultheiß. "Durch seine künstlerische Ader vermischte er seine Figur als Schultheiß mit seiner Hamlet-rolle, die er derzeit (...) spielt – auf diese Weise konnten wir den Besuchern sogar Shakespeare näherbringen", sagte Oliver Klaukien, Regisseur und Theaterpädagoge im TZ-Gespräch. Wieder einmal wurden die Gäste in das Theaterstück miteinbezogen: In der Gaststätte "Zum schmutzigen Löffel", in den Spinnstuben sowie auf dem Dorfplatz – überall begegneten sie Darstellern in historischen Kostümen, die aus vergangenen Zeiten berichteten. "Dadurch, dass nicht allzu viele Zuschauer da waren, konnte das kleine Publikum alles hautnah miterleben, teilweise wurde es sogar ausgeraubt oder von dem umherstreifenden Geist erschreckt", resümierte Klaukien, der sich für die nächste Saison schon etwas Neues ausgedacht hat. "Bei dem Projekt ,Vierjahreszeiten 1912‘ schlüpfen die Schauspieler in neue Rollen. Die Museumsbesucher können sich darauf freuen, das Leben in der ausgehenden Kaiserzeit in einem kleinen hessischen Dorf kennenzulernen."